Mittwoch, Oktober 9, 2024
KlimaMessestadt RiemNachhaltigkeitStadt - Gesellschaft

Müllgeister

Die Flohmärkte in der Messestadt haben eine Vorgeschichte

Teil 1

Die Müllgeister

Das Müllsammeln im Stadtraum und Park hat in der Messestadt Tradition: Vom Arbeitskreis Ökologie ins Leben gerufen, findet das Ramadama mit BewohnerInnen hier jedes Jahr statt. Mit den „Müllgeistern“ war Michael Lapper / büroriem zusammen mit lokalen Schulklassen 2010 mit dabei.

„Was ist Müll?“

„Müll ist Dreck!“ „Ekliges Zeug!“ „Müll stinkt!“
Die Antworten der Grundschüler waren eindeutig und ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass Müll etwas ist, was bestenfalls zum Wegschmeißen da ist. Der Blick sollte sich ändern.

Arbeiten jenseits des geordneten Unterrichts

Aus gesammelten Kunststoffabfällen bauten wir Figuren und Masken, als eine Art gute Geister, die etwas anderes darstellen als Müll. Drei Klassen aus den Grundschulen der Messestadt und dem angrenzenden Trudering waren beteiligt, das Ganze lief in einer konzertierten Aktion zusammen mit einem Umweltbildungsprojekt des Arbeitskreises Ökologie in der Messestadt.

aus einem Interview der Süddeutschen Zeitung 2011

Die guten Geister gehen auf die Promenade

Es entstanden eine Vielzahl von vorwiegend aus Kunststoffverpackungen zusammengeklebten und getackerten Müllgeistern, die dann in einer Art Galerie im Park an der Promenade und am See an Lichtmasten montiert wurden. Diese „guten Geister“ erinnerten schon durch Material und Beschaffenheit an unseren oft gedankenlosen Umgang mit dem mittlerweile wertvollen Rohstoff Müll, der zum großen Teil aus erdölbasierenden Kunststoffen produziert wird.

Prototypen für ein neues Verständnis

Der indianische Künstler Brian Jungen fertigt aus Nike-Basketballschuhen fantastische Totem-Figuren. Diese basieren auf der traditionellen indianischen Farb- und Formensprache und wirken dabei doch hochgradig aktuell. Brian Jungen nennt seine Figuren „Prototypes for a new understanding“, auch in Anlehnung daran, dass seit jeher in seiner Familie viele Dinge mehrfach und auch oft zweckentfremdet benutzt wurden. Ohne den Anspruch zu haben, mit Jungens Weltklassekunst mithalten zu wollen – die Bezeichnung aber trifft für unsere Müllgeister womöglich durchaus zu: „Modelle für ein neues Verständnis“ könnten sie schon sein, diese Gesichter, die – aus dem Alltagsgebrauch bekannter Formen und Materialien gefertigt – uns anschauen, nicht selten mit einer Mimik zwischen komisch und abgründig.

Das Projekt wurde mit dem Münchner Schulpreis für Stadtentwicklung ausgezeichnet.

Doku zum Projekt

Zu den „Müllgeistern“ und „Tüte dazu?“ ist die Dokumentation „Wir, der Müll und die Stadt“ entstanden, die gedruckt und hier online als Download verfügbar.

Mit dem Kauf der gedruckten Version (10 €, 26 Seiten in Vierfarb-Druck) können Sie solche Projekte im Stadtteil unterstützen.

Download (PDF; 1,6 MB)

Teil 2

Tüte dazu?

„Wollen Sie ’ne Tüte dazu?“ Unsere Müllkultur, speziell der Verpackungswahn, alles und jedes in Plastik zu stecken oder zu verschweißen, kann einem ziemlich „spanisch“ vorkommen. Der zweite Teil des Müllprojekts sollte in den Wohnhöfen bei den Konsumenten stattfinden und in einem zwischen Häusern gespannten „spanischen“ Vorhang aus Plastiktüten unser Verhältnis zur Konsumhülle sichtbar werden lassen.

A dabei in der wahrscheinlich einzigen Münchner „Änderungsschneiderei“, die Plastiktüten vernäht, waren die Wagnis-Frauen: Insgesamt über 500 Tüten werden zu vierzig langen Bahnen vernäht.

Zusammenhängend

Auch dieses zweite Müllprojekt wurde als konzertierte Aktion realisiert, diesmal zusammen mit dem Kulturkreis der Wohngenossenschaft Wagnis. Pendant zu dem großen Vorhang aus Plastiktüten war dabei die Initiative zu den Hofflohmärkten, die mit „dem zweiten Leben der Dinge“ das Thema Konsum und Verwertung von der anderen Seite ansprachen.

Jemand meinte, das wären die Gebetsfahnen der westlichen Welt.

Begleitend wurden im Wagnis-Hof Filme zum Thema Müll und Plastik gezeigt. Michael Lapper führte im Auftrag der Münchner Volkshochschule durch den Stadtteil – mit anschließendem Vortrag über die Müllprojekte und kulturelle Potenziale in der Messestadt.

Video zu „Tüte dazu“ (1:10 min)