Hardcore Herbst
Anfang der Woche wird der herumliegende Müll von den Wegen der Wohnanlagen auf die Straße geblasen, wo der Wind ihn meist wieder verteilt.
Sie kommen immer Dienstag und Freitag. Dann fräsen sie die Fugen zwischen den Pflastersteinen, mähen das Gras auf den Grünflächen und dort, wo es sich sonst noch breitmachen will. Anschließend fegt der Laubbläser das Schnittgut in den Orkus. Geblasen wird immer, für den Fall, dass noch irgendwo ein Körnchen oder Blättlein auf den grauen Betonplatten liegt. Der Auftrag ist Ordnung und Sauberkeit, egal ob sinnvoll oder nicht, krankmachend für Personal (Gehörschutz scheint ein Fremdwort zu sein) und brutal nervig für die Bewohnerschaft.
Einfach mal ein bisschen liegen lassen?
Würde allen gut tun und den Herbst von
seiner schönen Seite zeigen.
Der Herbst ist finale Großkampfsaison. Weg mit den wunderbaren Farben der Blätter auf den Wegen, die ins Auge springen könnten, als feuerroter oder goldener Teppich. Die satten Blätterhaufen, in die wir als Kinder gesprungen sind und lustvoll darin gebadet haben, uns damit beworfen haben, in Riesenfreude an der Leichtigkeit des vergänglichen Jahres.
Im Winter wird geräumt, als sollte es keinen Winter mehr geben, die meisten versiegelten Betonflächen werden mit Salz bestreut, keine Schneeflocke – sofern überhaupt eine runtersegelt – soll sich halten können. Vorbei die Zeiten, als man seine Kinder mit dem Schlitten auf den Wegen – oder zumindest am Rand – noch hinter sich herziehen konnte.
Alles einheitlich sauber und aufgeräumt, immergleich grau und leblos und langweilig. Was ist da bloß passiert, dass wir uns die Jahreszeiten vor der Haustür so haben wegnehmen lassen?
„Was hat jetzt er für ein Problem?“
Kommentar von Hausmeistern zu dem Plakat, das in einer Kneipe in der Messestadt hing.